Input 20-20: Corona – die Immobilien-Wirtschaft setzt Zeichen

„Das Parlament blamiert sich im Streit mit Mieten“, so lautet eine Schlagzeile in der NZZ vom 7. Mai 2020. Der National- und Ständerat fordert zwar rasche Hilfe für leidende Betriebe. Doch die 100’000 Leidenden, 60’000 davon haben ihren Standort in Zentrumsgebieten, sollen sich noch etwas gedulden. Die Sitzungsagenda des Parlaments gibt den Zeitplan vor. Erst im Juni soll es soweit sein.

Die Immobilien-Wirtschaft hat derweil längst Lösungen gefunden. 
Deren BranchenvertreterInnen erkennen die Notwendigkeit und reagieren mit einem Kostenerlass.Denn weder eine Stundung noch ein Kredit löst das Problem der Mieter. Das Parlament lässt sich Zeit, die Branche handelt. So erlässt die Swiss Prime Site Kleinbetrieben mit einer Jahresmiete von bis zu CHF 60’000.- die Miete für zwei Monate und übernimmt damit den Vorschlag des Verbands Immobilien Schweiz. Die Swiss Life gewährt Kleinbetrieben auf Gesuch hin den Mietzins temporär, Migros verzichtet auf die Hälfte des Mietzinses für zwei Monate. Die Städte Zürich und Basel-Stadt erlassen Geschäftsmieten gar ganz. Und das sind nur ein paar gute Beispiele. Viele Vermieter reagieren inzwischen nach ähnlichen Modellen. Ein zweckgebundener Kostenerlass wird von den Betroffenen hoch geschätzt und ist in jeder Hinsicht fair.

Es dürften sich aber noch viel mehr Vermieter an diesen Vorbildern orientieren. Jeder Fall habe seine eigene Geschichte, wird von gewissen Kreisen argumentiert (siehe IP20-19). Aber wenn 100’000 Geschäfte zu zwei Monaten Zwangsschliessung gezwungen werden, sollten eigentlich genügend Gemeinsamkeiten gegeben sein, die einen einheitlichen Verhaltens-Rahmen rechtfertigen. Das Modell des Verbands Schweizer Immobilien kann ausgedehnt werden. Unterschiedliche Kostenanteile Mieter/Vermieter für Jahresmieten zwischen CHF 60’000.-  und CHF 250 000.- wären ein guter Ansatz. Damit sind alle Geschäfte bis zu einem Umsatz von CHF 2 Millionen erfasst, das entspricht der grossen Mehrheit. Für den Rest bleiben individuelle Vereinbarungen.

Auch ohne Corona-Ereignis zeigte sich schon längst, dass sich die Rollen zwischen Vermietern und Mietern ändern müssen. Gemeinsam können und müssen sie die Aufwertung der Standortgebiete beeinflussen. Lösungen auf Marktveränderungen und Störung sollen sie gemeinsam und aufeinander abgestimmt entwickeln. Der Erfolg für ein gemeinsames Handeln liegt auf der Hand: Mieter erhöhen ihren Geschäftserfolg, Vermieter ihre Rendite.

Notwendig dafür ist eine Prozess-Steuerung. Man stelle sich vor, alle Besitzerschaften von Immobilien in urbanen Gebieten sind auf einer digitalen „Arbeits- und Management-Plattform“ vernetzt, erhalten zeitgleich den relevanten Wissenszugang und handeln abgestützt auf Fakten. Mit der neuen Form eines UrbanMangements wäre das heute bereits möglich. Dank dem Tool könnten, basierend auf Kooperation, bestmögliche Ergebnisse mit hohen Erträgen bei tiefen Koste erzielt werden. Bei den Mietern sind es die Umsätze, bei den Vermietern die Erträge, die Wertschöpfung steigt für beide. Nur eines bleibt tief, nämlich der Betrieb der digitalen Urban Management-Plattform (siehe Swiss-Engine, UrbanTools). 

Input 20-18: Urbanität findet nicht mehr statt – Schadensbegrenzung in zwei Akten

Das hat es noch nie gegeben: Seit dem 16. März 2020 sind alle Geschäfte mit Publikumsverkehr geschlossen. Ein Grossteil hat seinen Standort in den Zentrumsgebiete unserer Städte und Gemeinden. Urbanität findet nicht mehr statt. Aber innert Tagesfristen hat der Bundesrat Kredite von CHF 40 Milliarden nicht nur bewilligt, sondern in beispielhafter Zusammenarbeit mit den Banken auch verteilt. Die Mittel sollen denjenigen zukommen, die zur Schliessung ihrer Geschäfte gezwungen sind. Eine überzeugende Leistung der obersten Entscheidungsebenen. Das war der erste Akt der Schadensbegrenzung. Der zweite folgt sogleich…

und dieser sieht ganz anders aus. Da stellen sich nämlich mehr Fragen als Antworten.

Dazu vier Beispiele:

1. Das Einkaufen, respektive das Angebot im Supermarkt: Verkauft werden dürfen Güter des täglichen Bedarfs. Was nun, wenn viele von uns im Homeoffice arbeiten müssen, gehören beispielsweise Druckerpatronen dazu? Und zählen jetzt, wo Frühling ist, Setzlinge dazu? Oder wie steht es um Damenstrümpfe, sind sie Wahl-oder Tagesbedarf?
2. Eine Sache mit grösster Tragweite sind die rund 100’000 Mietverhältnisse der momentan geschlossenen Geschäfte. Wer trägt den Schaden? Der Bund, die Vermieter oder die Mieter? Der Meinungsstreit darüber wird gar öffentlich ausgetragen. Geraten wird, das Gespräch und individuelle Lösungen zu suchen. Das bedeutet 100’000 Verhandlungen und ca. 200’000 Stunden an Verhandlungsaufwand. Wie genau stellt man sich das vor? Schätzungsweise 90% dieser Fälle werden ohne Ergebnis enden und versanden. Wie sehen konkrete Lösungen aus, wenn sich die Lockerungen der Corona-Massnahmen über einen längeren Zeitraum erstrecken oder gar zurückbuchstabiert werden müsste?
3. Was ist mit den der Corona-Krise nachgelagerten Verlierern? Sie dürfen ihre Geschäfte zwar öffnen, haben aber keine Kundschaft. Sie warten auf Finanzierungsstützen und auf Lösungen für die Mietkosten.
4. Ab dem 11. Mai, 2020 werden die Detailhandelsgeschäfte wieder öffnen dürfen. Eine Schlüsselrolle kommt der Bekleidungs-Branche zu. Es liegen Waren im Wert von CHF 2,4 Milliarden in den Geschäften. Sie hätten zu grossen Teilen im März und April verkauft werden sollen. Seit dem 16. März verlieren diese Warenbestände täglich an die CHF 24 Millionen an Wert. Wenn sie am 11. Mai wieder Kunden bedienen dürfen, werden diese hohe Rabatte erwarten und die Händler drängt der hohe Warendruck. Das ist keine guter Wiedereinstieg im Corona-Umfeld. Wenn die Geschäfte den Betrieb früher wieder hätten aufnehmen können, wäre ein kontrollierter Einstieg möglich gewesen. Es hätte keinen Ansturm ergeben. Zu gross ist die allgemeine Verunsicherung und die Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19. Es fehlen die Kaufkraft und das Flaniererlebnis. Die Konsumstimmung ist erschreckend tief. Was gebraucht wird, bestellen die Kunden zunehmend online.

Gerade jetzt sind mehr denn je Menschen gefragt, die Lösungen differenziert, situationsgerecht, intelligent, flexibel, kreativ und mit gesundem Menschenverstand angehen. Dienst nach Vorschrift reicht bei Weitem nicht. Es braucht Menschen mit Verantwortungsgefühl und Eigeninitiative, deren Handeln immer darauf ausgerichtet ist, die Bedürfnisse von Gesellschaft und Wirtschaft zu bedienen.

Input 20-17: Verwalten und Bewirtschaften reicht nicht mehr

Wertverlust minimieren
Im Zeitraum 2016 bis 2021 werden in den Zentrumsgebieten der Schweiz rund eine Million an Verkaufsflächen infolge der Wettbewerbsunfähigkeit einen Wechsel vornehmen. Solvenzverluste, bauliche Anpassungen, Zwischennutzung und der Aufwand für die Neuvermietung werden Kosten von rund einer Milliarde Schweizerfranken verursachen. Weit mehr als üblich.

Neuvermietungen werden herausfordernd
Suchen Geschäftsflächen in Zentrumslagen neue Mieter, wie der Fall OVS (früher Vögele) stellvertretend für viele aufzeigt, lassen sich die Top-Standorte gleichwertig vermieten. Schwierig wird es bereits bei Standorte, die etwas schlechter gelegen sind. Da fallen Leerertragszeiten länger aus. Das gewohnte Ertragsniveau wird tiefer, die zukünftigen Mietverhältnisse risikoreicher.

Mietpreissteigerungen im Detailhandel sind kein Selbstläufer mehr
Das Immobiliengeschäft in Zentrumslagen der letzten Jahrzehnte war geprägt von einem grossen Wertzuwachs der Standorte. Zumindest im Bereich Detailhandel ändert sich das rapide. Der Verkauf erfordert zwei Angebotskanäle, nämlich einen Stationär und einen Online. Folge: Die Kosten steigen aber der Umsatz bleibt gleich. Was liegt also näher, als die Stationär-Miete zu hinterfragen?

Fazit
Immobilien mit einem bedeutendem Detailhandels-Flächenanteil erfordern zukünftig mehr Aufwand bei tieferen Erträgen. Verwalten und Bewirtschaften genügt nicht mehr. Immobilienmanagement wird der neue Ertragstreiber.

Input 19-11: Auch die Mietkosten belasten das Haushaltbudget

Hohe gebundene Haushaltausgaben beschränken den Spielraum der Haushalte bezüglich der frei verfügbaren Haushaltausgaben.
Nebst den hohen Ausgaben für die Gesundheit (IP 11) fallen die Wohnkosten stark ins Gewicht. 16% der Haushaltausgaben werden durchschnittlich dafür benötigt. Für viele Normal- und Tiefverdiener ist der Anteil sogar wesentlich höher und steigt bis zu 30%.

Stark begünstigt sind die Haushalte in einem langjährigen Mietverhältnis oder mit Sitz in einer Genossenschaftswohnung. Ebenfalls zu den Gewinnern gehören Haushalte, deren Wohnung im Eigentum ist.
Stark belastet ist im allgemeinen das Wohnen in Miete. Am stärksten belastet sind die Haushalte mit Marktmiete; also alle Erst- und Wechselmieter.

Die Niederzins-Politik schafft Ungleichheiten. Sie begünstigt das Wohnen im Eigentum und verteuert das Wohnen in Miete. In urbanen Gebieten ist das Mietwohnen, in wenig dichten Gebieten das Eigentumswohnen stärker vertreten. Damit sinken die frei verfügbaren Haushaltausgaben in urbanen Gebieten und steigen dort, wo der Wohnungs-Altbestand und das Eigentumswohnen hoch ist. An kurzen Zeiträumen gemessen können ändernde Zinssituationen vernachlässigt werden. Sollte sich der Niederzins noch über ein, zwei oder gar mehrere Jahrzehnte halten, sind die Auswirkungen auf die lokal verfügbaren Haushaltausgaben bedeutend.

Die frei verfügbaren Haushaltausgaben sind die entscheidende Grösse für eine pulsierende Binnenwirtschaft und damit für die Angebots-Vielfalt der Stadtzentren und Ortskerne.

Die Kosten für Gesundheit und Wohnen schränken die frei verfügbaren Haushaltausgaben ein und schaffen ein Ungleichgewicht zwischen dem Wohnen in Miete und im Eigentum.

Aus heutiger Sicht liegt es nahe, dass die frei verfügbaren Haushaltausgaben über die nächsten ein, bis zwei Jahrzehnte laufend geringer werden. Der Preis wird das Konsumverhalten noch verstärkter prägen. Davon betroffen sind alle Akteure der Innenstädte, Zentrums- und Altstadtgebiete sowie Ortskerne.

Input 19-10: Gesundheitskosten werden bald untragbar

Bei zwei Drittel der Haushaltungen in der Schweiz ist der Spielraum für frei verfügbare Haushaltausgaben gering. Das Lohnniveau ist zwar hoch aber ungleich verteilt. Das gilt auch für die gebundenen Haushaltausgaben. Sie sind sehr hoch und treffen Normal- und Tiefverdiener in hohem Masse. Die Gesundheitskosten gehören dazu. Deutlich über 90 Milliarden Schweizer Franken geben wir jährlich für Arztbehandlungen, Spital- und Langzeitpflege, Zahnbehandlungen sowie für selbst bezahlte Medikamente aus. Diese Summe entspricht unseren gesamten Detailhandels-Ausgaben. Lebens- und Genussmittel, Medikamente, Körperpflege, Kleider, Schuhe, Haushalt, Unterhaltungs -und Kommunikations-Geräte, Sport, Uhren, Schmuck, Möbel, u.v.m..

Basierend auf vieler Indikatoren hat die InterUrban im Jahr 2000 vorausgesagt, dass im 2020 die Gesundheitskosten gleich hoch sein werden wie die gesamten Detailhandels-Umsätze. Im 2000 lagen die Gesundheitsausgaben noch bei 45 und die Detailhandels-Umsätze bei 82 Milliarden. Schweizer Franken. Heute liegen sie bei je 92 Milliarden.

Heute zeigt sich, dass die Voraussage absolut treffsicher war. Aber sie bereitet in keiner Weise Freude. Das Resultat ist schockierend. Auch die Perspektiven sind nicht ermutigend. Die Gesundheitskosten sind dem Willen der Politik, der daran beteiligten Wirtschaft und der Gesellschaft ausgesetzt. Es bräuchte viel Optimismus zu glauben, es ändere sich etwas. Es hilft auch nicht, wenn Gesundheits-Experten die Überzeugung vertreten, das eine Reduktion der Gesundheitskosten um 25%, ohne Einbussen der Qualität möglich wären. Eine derartige Einsparung entspricht beinahe den gesamten jährlichen Ausgaben für den ausser Haus Konsum für Verpflegung und Getränke.
Die Kosten für Gesundheit werden weiter steigen und die Mehrheit der Haushaltungen wird aufs Äusserste strapaziert. Währenddessen werden die Preise im Detailhandel eher weiter sinken.

Die Gesundheitskosten hemmen das Wohlbefinden der Bevölkerung in steigendem Masse. Darunter leiden wird die gesamte Binnenwirtschaft.
Und damit auch die Innenstadt- und Zentrumsgebiete. Sie bedienen individuelle und hochwertigere Ansprüche. Dafür notwendig ist eine gewisse Flexibilität der frei verfügbaren Haushaltausgaben.
Wir sind gut aufgehoben, wenn wir krank sind und es wird eng, wenn wir gesund sind.

Auf einen weiteren Ausgabetreiber gehen wir im nächsten Input-Letter ein.

Input 19-09: Kaufkraft wird überschätzt

Die Innenstädte zeichnen sich aus durch ein grosses, vielfältiges Angebot im stationären Detailhandel, in der Gastronomie und den persönlichen Dienstleistungen. Mittelgrosse und gar kleine Städte, neue Stadtquartiere, sie alle sollen ein umfassendes Versorgungsangebot und belebte Erdgeschosse aufweisen. Die Politik, die Bewohner, die kommunalen Verwaltung und auch die Planenden bis hin zu den Investoren. Sie alle sehen nur Konsumenten.

Dabei ist es überall gleich, die Nachfrage nach Anbietern ist schlicht gering, weil die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist. Es fehlen Kunden, oder deren Ausgabefreudigkeit ist gering. Ein Grund dafür ist der finanzielle Spielraum der Mehrheit der Haushalte. Dieser ist bei vielen limitiert. Kann das sein in der reichen Schweiz?

Immer wieder wird uns gesagt, dass die Schweiz zu den reichsten Ländern gehört. Gemeint ist damit das durch die Bewohnerzahl geteilte, sehr hohe  Gesamtvermögen.

Fakt ist, dass der Median, also die Realität, etwas anderes aussagt. 50% der Reineinkommen liegen unter CHF 52‘000.-. Bei rund 65% der Haushalte liegt das Vermögen unter CHF 100‘000.-. 30% der Schweizer sind nicht in der Lage, eine unverhoffte Ausgabe zu tätigen. Rund zwei Drittel der Personen in der Schweiz haben kaum Spielraum für Konsumausgaben.

Aufgrund der Einkommen zeigt sich, dass die Vielfalt des Versorgungsangebotes weiter abnehmen und die Nachfrage nach Tiefpreisgütern gross bleiben wird. Insbesondere für Zentrumsgebiete ist das eine grosse Herausforderung. In diesen ist der Betrieb von Geschäften sehr teuer.

Das Thema geht weiter, mehr dazu in Kürze.