Input-Split:
Neue Wohnort–Strategien sind gefragt

Das Bevölkerungswachstum erwies sich in den letzten zwei Jahrzehnten insbesondere an den Orten als Selbstläufer, wo die Mobilitätsanbindung hoch ist. Die Standortpromotoren von Städten und Gemeinden sowie die Vermarkter von Wohnungen wurden nicht müde, die hervorragenden Verkehrsanbindungen anzupreisen. Nicht das Ankommen an einem neuen Ort war wichtig, was zählte war einzig und allein der Umstand, wie einfach und wie schnell man den Wohnstandort wieder verlässt. Wohnen ist überflüssig, eine Schlafstätte genügt. Dabei sollten Standorte für einen Wohnort doch eigentlich auf das Bleiben ausgerichtet sein. Das Engagement, die Identifikation, der Freizeitwert eines Wohnstandortes sollten im Zentrum stehen.

Ausgerechnet die Corona-Krise zeigt uns jetzt den Weg dahin. Corona und die damit verbundene Veränderung in der Arbeitswelt stellt sich als Treiber für die Aufwertung des Wohnortes heraus. Der Büroalltag findet vermehrt auch zu Hause statt. Und das wird sich so schnell nicht wieder ändern, eine vollständige Rückkehr ins Büro wird es auch nach Corona nicht mehr geben. In Zukunft wird die Unternehmensgestaltung vom hybriden Büro geprägt sein, eine Mischung aus Arbeit zu Hause und Präsenz im Büro. Und damit werden neue Standards für das Wohnen erforderlich. Einer davon betrifft die Zentrumsattraktivität von Städten und Gemeinden. Sie müssen stark zulegen, bis sie in der Lage sein werden, ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse bedienen können.

Input-Split:
Der Supermarkt wird zum Ereignis

Für die grosse Mehrheit der mittelgrossen und kleinen Städte und Gemeinden mit weniger als 25 000 EinwohnerInnen sind die Supermärkte zukünftig die dominante Betriebsform des stationären Detailhandels. Sie werden sich neu ausrichten, ja sie müssen und werden sich neu erfinden. Der neue Supermarkt wird die Bedürfnisse der Familien- und Arbeitshaushalte umfassender bedienen, als das heute der Fall ist. Das Angebot an Alltagsgütern wird fokussierter, Lebensmittel mit saisonalen und regionalen Schwerpunkten wichtiger, eine Gastronomie mit Sofortkonsum, Take away und Sitzkonsum. Gesundheits- und persönliche Dienstleistungen wird ganzheitlicher.Services für das Home Office und Modelle für Projektarbeit werden, wie auch Lösungen für Finanzierungs-, Vorsorge-und Steuerangelegenheiten, angeboten.

Es zeigt sich eine neue Form des Marktplatzes: Kompakt, informativ, anregend, erlebnisbetont, überraschend, bedürfnisgerecht und flexibel. Betrieben als Einheit von einem Grossverteiler oder als modulares System von vielen Kompetenzanbietern. Die Bedeutung der Supermärkte nimmt seit zwanzig Jahren kontinuierlich zu, jetzt beschleunigt sie sich noch. Infolge der Digitalisierung und der allenfalls virusbedingten Kontaktbeschränkungen verlagern sich zentrumsrelevante Non-Food-Angebote vermehrt in die Online-Kanäle. Der Supermarkt rückt dadurch noch mehr ins Zentrum der Verbraucher und nutzt den unmittelbaren und stetigen Kontakt mit den Kunden zum Ausbau der Angebote.

Das stellt hohe Anforderungen an die Zentrumsgebiete. Die Stadtentwicklung ist ebenso gefordert wie die Kooperationsfähigkeit aller Beteiligter. Das sind Besitzer und das Management von Immobilien, die Produzenten von Gütern und die Anbieter der Kontaktwirtschaft.

Input-Split:
Resilienz urbaner Gebiete

„Es werden Pandemien folgen, die noch gefährlicher sind“, sagt der Präsident von Lonza, Albert Baehny (Blick, 25. Januar, 2021). Ob er recht behalten wird, weiss keiner. Was man aber wissen sollte, ist, dass es schnell das Richtige zu tun gilt, wenn Schockereignisse auftreten. Davon betroffen sind unsere Leistungsträger der Binnenwirtschaft: Die urbanen Gebiete. Die Lösung? Urbane Gebiete sollen sich nach Aspekten der Resilienz ausrichten. „Resilienz“ ist die Fähigkeit eines Systems, nach Störungen baldmöglichst wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Für die urbanen Gebiete reicht das längst nicht mehr, vielmehr müssen sie ihre Ausrichtung grundlegend ändern. Das betrifft Hunderttausende Immobilienbesitzer, Versorgungsanbieter und Publikumsdienstleister und Firmen vielfältigster Art. Die öffentliche Verwaltung mit all ihren Abteilungen müsste ebenfalls mit eingebunden sein.

Bei diesen hohen Anforderungen kann einem angst und bange werden. Heute erweist sich bereits ein Bauvorhaben mit mehr als zwei involvierten Eigentümern als kaum umsetzbar (siehe IRAP-Kompass Innenentwicklung, Andreas Schneider). Das sind schlechte Voraussetzungen für die dringend notwenige Transformation.

Input-Split:
Wir lassen keinen fallen – ausser einigen Zehntausend

In einem stattlichen Geschäfts- und Wohnhaus in Familienbesitz im Zürcher Stadtteil Seefeld sind einige Gewerbebetriebe in Miete. Drei Tage vor dem Lockdown im März 2020 erreichte die Mieter und Mieterinnen ein positives Schreiben der Hauseigentümerin: Ihre Mieten würden für zwei Monate erlassen. Ja, es gibt sie, die kooperativen Kräfte (Quelle und Objekt bekannt).
Das ist leider nicht überall so. Bald ein Jahr danach sind viele der knapp 120’000 von einer Schliessung betroffenen Mietverhältnisse immer noch ungewiss. Wer soll dafür bezahlen: Die Vermieter, die Mieter oder die öffentliche Hand? Die Mietkosten der Betriebe betragen, gemessen an den Fixkosten, rund einen Drittel. Sie fallen nicht nur bei Schliessung an, sie sind auch bei Corona-bedingt schlechtem oder gar keinem Geschäftsgang zu entrichten.

Einen Lösungsschlüssel zu finden, der allen Betroffenen als Orientierung dient, haben wir nicht geschafft.
Dabei hiess die hoffnungsvolle Botschaft bei Beginn des Lockdowns noch: «Es wird niemand fallengelassen!» Heute warten und bangen zehntausende Betoffene weiterhin.

Bereits im Input-Letter 20-21 vom 6. Juni, 2020 haben wir das Thema aufgegriffen und unsere Befürchtungen aufgezeigt.

Input-Split:
Ohne Gastronomie keine urbane Attraktivität

Im nächsten Jahrzehnt wird die Gastronomie zum Träger der urbanen Attraktivität. Ihre Vielfalt, Kreativität und Wandelbarkeit wird das städtische Leben künftig zu einem grossen Teil ausmachen. Die vielen Verluste an Versorgungs- und Begegnungsnutzungen wird sie zwar nicht kompensieren können, aber sie wird doch einen gewissen Ersatz darstellen. Fraglos werden viele Akteure ihren Anteil dazu beisteuern müssen. Die Anforderungen für die Immobilienwirtschaft, die öffentliche Hand und die Gastronomiebranche mit ihren Vernetzungspartnern werden gross sein. Die Erreichbarkeit und die Bequemlichkeit müssen hoch sein und die Beschränkungsmassnahmen angemessen. Die Gesellschaft wird lernen müssen, mit der neuen Situation umzugehen. Ein Change-Management wird daher gefragt sein.

Input 20-14: Eines der bedeutendsten Innenstadtmagnete ist Vergangenheit

In wenigen Tagen ist es Tatsache: Das auf das mittlere Preissegment ausgerichtete Warenhaus Manor an der Bahnhofstrasse in Zürich schliesst seine Türen. Damit verschwindet aber nicht einfach irgendein zusätzliches Geschäft. Entsprechend einer repräsentative Befragung im Sommer 2019 durch das GfK, ist Manor das beliebteste Einkaufsziel der Innenstadt von Zürich im Non-Food-Bereich. Folglich könnte sich die Frequenz an der Bahnhofstrasse mit der Schliessung halbieren.

Schon 2019 beklagte jeder zweite Befragte einen Mangel an Geschäften im mittleren Preissegment. Markus Kündig, Sekretär der Vereinigung Zürcher Bahnhofstrasse, bedauert den Wegzug zwar. Aber die Besucherfrequenzen werden nicht zurückgehen, weil anstelle von Manor etwas Neueres entstehen werde. Und der Detailhandelsexperte Gotthard F. Wangler meint, viele kämen heute wegen Uhren und Schmuck an die Bahnhofstrasse. (9. Juni 2019, 20Minuten).

Wir werden es erleben. Kein Innenstadtgeschäft in der deutschen Schweiz erzielt mit Non-Food einen höheren Umsatz oder eine höhere Besucherfrequenz als es Manor an der Bahnhofstrasse tat. Eintritts- und Aufenthaltsbarrieren gibt es nicht. Fünf- bis zehntausend GeschäftsbesucherInnen gingen ein und aus. Und dies nicht pro Jahr, sondern täglich. Für diese Frequenz reichten 40 Meter Strassenanbindung. Diese Bündelung der Frequenz ist nicht auch nur ansatzweise durch etwas anderes zu ersetzen.

Die Bahnhofstrasse repräsentiert die Stadtmitte von Zürich. Sie bedient mehr als nur eine Label-affine Nachfrage aus nah und fern. Sie bedient auch zehntausende Arbeitstätige und eine Million EinwohnerInnen im näheren Einzugsgebiet. Sie kaufen nicht alle fünf Wochen eine neue Uhr. Schon gar nicht im vier- und fünfstelligen Franken-Bereich.

Der Schliessungsgrund von Manor ist die Anhebung der Miete um das Dreifache (!). Von jährlich CHF 6 auf 18 Millionen. Das Delta zwischen der möglichem Warenhausmiete und der Markmiete ist derart hoch, dass Rezepte fehlen, die den Erhalt von Manor rechtfertigen.

Die Ironie der Geschichte ist: Der Detailhandel hat viel zur Standortattraktivität der Bahnhofstrasse beigetragen. Jetzt muss er weichen, weil die Preise ins Unermessliche steigen.

Input 19-05: Neuvermietungen werden herausfordernd

Suchen Geschäftsflächen in Zentrumslagen neue Mieter, wie der Fall OVS (früher Vögele) stellvertretend für viele aufzeigt, lassen sich die Top-Standorte gleichwertig vermieten. Schwierig wird es bereits bei Standorte, die etwas schlechter gelegen sind. Da fallen Leerertragszeiten länger aus. Das gewohnte Ertragsniveau wird tiefer, die zukünftigen Mietverhältnisse risikoreicher.

Input 19-04: Wertverlust minimieren

Im Zeitraum 2016 bis 2021 werden in den Zentrumsgebieten der Schweiz rund eine Million an Verkaufsflächen infolge der Wettbewerbsunfähigkeit einen Wechsel vornehmen. Solvenzverluste, bauliche Anpassungen, Zwischennutzung und der Aufwand für die Neuvermietung werden Kosten von rund einer Milliarde Schweizerfranken verursachen. Weit mehr als üblich.

Input 19-03: Keine Leerstände dank Pop-up-Stores?

Pop-up Stores werden Leerstände minimieren, so die Sicht heute. Pop up-Stores besetzen Verkaufsflächen zur zeitlimitierten Nutzung. Sie sind erfrischend, beliebig, unbeholfen, oder einfach trendig. Ein Selbstläufer für wieder steigende Besucherfrequenzen in den Zentrumsgebieten sind sie aber selten. Sie bringen keine Frequenz, sie suchen sie. Darum drängen sie an die spärlich vorhandenen Bestlagen.

Inputs: Pop-up-Stores sind Teil, aber nicht Träger der urbanen Vielfalt.

Input 19-02: Sind Zwischennutzungen die Lösung?

Die zunehmende Wechsel von Geschäften und die Leerstände von Ladenflächen in Zentrumsgebieten sind unübersehbar. Sie werden zum öffentlichen Thema und zum legitimen Aktivitätsfeld der Politik. Bussen für leer stehende Zentrumsflächen werden bereits gefordert. Das kann kaum die Lösung sein. Besser ist, die Vermietanstrengungen zu erhöhen und zu koordinieren.

Inputs: Zielführend aber ist allein ein Angebotsmanagement, mit dem Zwischennutzungen zu einem wichtigen Teil der urbanen Vielfalt werden.